Samstag, 30. Juni 2012

Auf nach Santiago... Tag 60 (30.06.2012)


heute gefahrene Kilometer 62
gesamt mit dem Rad gefahren 3208 km
Gesamtstrecke bisher: ca. 3539 km 
davon gelaufen 331 km



Auch wenn ich diese Nacht wieder viel Zeit auf der Toilette verbracht habe, starte ich heute guten Mutes in den Tag.
Das nächste Etappenziel liegt in greifbarer Nähe und ich habe mir vorgenommen heute Santiago zu erreichen.
Doch vor die Erfüllung meiner Ziele, hat die Natur auch heute wieder einen Hügel hinter den anderen gesetzt.
Morgens mal wieder diesig und unangenehm kühl
Der Countdown beginnt
Diese wollen auch bewältigt werden und so klettere ich auf der einen Seite hinauf um an der anderen wieder das mühsam Erarbeitete wieder hinabzurollen. Und dann beginnt das Spielchen von vorne.
Auch wenn die Steigungen moderat sind, so habe ich das Fahren heute so anstrengend wie noch nie während der letzten sieben Wochen empfunden.

Und Santiago rückt immer näher
Bis vor die Tore von Santiago geht es nur langsam voran. Mit diesem Gefühl im Bauch kommt auch nur ein kleines Hochgefühl beim Anblick der Kathedrale auf, als ich sie in 5 Kilometer Entfernung bereits über die Dächer der Stadt hinausragen sehe.
Die restliche Distanz wird nun nicht nur von mühsamem Treten, sondern auch noch von unzähligen pilgernden Jugendgruppen und Schulklassen bestimmt. Eine ganze Horde Pilger scheint sich auf Santiago zuzuwälzen.

Doch dann ist endlich die Stadtgrenze von Santiago erreicht, und es wird klar, dass das nun vor mir liegt rein gar nichts mit der verklärten Perspektive zu tun hat, welche mancher sich vom Ziel des Camino wohl gemacht hat. So haben es vielleicht gerade noch die Pilger im Mittelalter erlebt. Vor mir liegt eine riesige Stadt.
Mit großem Bahnhof, einem quirligen Busbahnhof und sogar einem internationalen Flughafen.
Über breite Straßen und hindurch durch aufgeregten Autoverkehr suche ich meinen Weg zum Zentrum und zur großen Kathedrale.
Diese, ebenfalls gewaltig liegt an einem riesigen Platz, auf welchem es nur so wuselt. Es herrscht eine angespannt und doch erleichternde Stimmung.
Ständig strömen neue Massen an Pilgern vor die Kathedrale und man meint ein kolossales Aufatmen zu vernehmen

Santiago in der Ferne mit noch winziger Kathedrahle
 
ENDLICH GESCHAFFT - ENDLICH IST EIN ENDE DER STRAPAZEN, SCHMERZEN UND DER LANGEN REISE NAHE.....
Endlich am Ziel, aber noch lange nicht am Weltenende!

Ich parke mein Rad und gehe in die Kathedrale, wo gerade der tägliche Gottesdienst für die Pilger abgehalten wird.
Doch leider ist auch hier so gar nichts von der Besinnlichkeit zu verspüren, welche man an diesem Ort erwarten müßte.
Doch wie auch, wenn ständig neue Pilger hereinströmen und sich im Gebäude verteilen.
Wie andere da noch ihre Sünden in den bereitstehenden Beichtstühlen, besetzt mit wartenden Priestern, beichten können ist mir ein Rätsel.

Ich fliehe nach draussen und verschiebe meinen Besuch auf einen ruhigeren Moment.
Nachdem ich noch eine Weile das Treiben auf dem großen Platz beobachtet habe, mache ich mich auf die Suche nach dem Pilgerbüro.
Dort gibt es die ersehnte Compostela. Das Zertifikat, welches einem bescheinigt als Pilger die nötigen Anforderungen erfüllt zu haben. (mindestens die letzten einhundert Kilometer gelaufen oder die letzten zweihundert Kilometer geritten oder geradelt)

Mittlerweile gehört es zum guten Ton in Spanien und wird in Bewerbungsunterlagen immer wieder gerne gesehen. Die Pilgerurkunde.

Nach einer kleinen Mahlzeit und nachdem nun schon Busse auf dem großen Platz vor der Kathedrale auffahren entscheide ich mich am späten Nachmittag, doch noch ein Stückchen weiter zu fahren.
Schließlich bin ich ja noch nicht an meinem Ziel angelangt.

Nach weiteren 20 Kilometern erreiche ich Negreira, wo ich heute Nacht nochmal in einer Herberge Rast mache. Die Zahl der Pilger, welche mir unterwegs begegnen hat nun kräftig abgenommen.
Für die meisten ist in Santiago Schluß. 

Haupteingang der Kathedrahle


Pilgermassen auf dem Platz vor der Kathedrahle


Santiago und wir haben beide durchgehalten!




Freitag, 29. Juni 2012

Langsam dem Ziel näher... Tag 59 (29.06.2012)


heute gefahrene Kilometer 48
gesamt mit dem Rad gefahren 3146 km
Gesamtstrecke bisher: ca. 3477 km 
davon gelaufen 331 km



Als ich am Morgen aufwache hat sich zum Glück das Fieber verabschiedet. Lediglich etwas Übelkeit und ein Darm, welcher sich nach wie vor beschwert bleiben mir.
Trotzdem versuche ich heute noch ein paar Kilometer abzuradeln.
Mittlerweile hat sich die Geografie entschieden. Hügelkette folgt Hügelkette und dazwischen immer wieder Flüßchen, welche überwunden werden müssen.
So ist ein stetiges Hügelrauf und Hügelrunter mein Streckenablauf.

Arzua ist mein heutiges Ziel für die Nacht. Etwas Schlaf am Nachmittag und langsam scheint es besser zu werden.
Es muss auch langsam besser werden. Morgen soll es endlich bis nach Santiago gehen...

Vielleicht hilft ja ein leckeres Abendessen.
So gönne ich mir mal als gallizische Spezialität gekochten Pulpo (Krake).

Donnerstag, 28. Juni 2012

Mal kürzer treten... Tag 48 (28.06.2012)


heute gefahrene Kilometer 34
gesamt mit dem Rad gefahren 3098 km
Gesamtstrecke bisher: ca. 3429 km 
davon gelaufen 331 km




Obwohl ich mal wieder ausgiebig geschlafen haben habe und auch etwas später starte, wird es heute nur ein kurzer Tag. Im Laufe des Vormittags stellen sich bei mir Übelkeit und Kopfschmerzen ein.
Ob es sich um eine Magen-Darmsache, meine etwas einseitige Ernährung oder einfach nur Erschöpfung handelt, welche hierfür verantwortlich zu machen ist, kann ich nicht sagen.
Ich mache in Portomarin für heute früh Schluß und schlafe erst mal ein paar Stunden. Während des Schlafens stellt sich dann auch noch Fieber ein.
Ich werde kohl etwas kürzer treten müssen.

Leider verpasse ich so, mir Portomarin anzusehen. Ein Ort, welcher von der einen Seite nur über Brücke zu erreichen ist.
(Bilder folgen)

Ich versuche früh schlafen zu gehen um mich etwas zu erholen. Morgen gehts mir bestimmt besser.

Mittwoch, 27. Juni 2012

Weitere Gipfelsprünge... Tag 47 (27.06.2012)


heute gefahrene Kilometer 62
gesamt mit dem Rad gefahren 3064 km
Gesamtstrecke bisher: ca. 3395 km 
davon gelaufen 331 km








Habe ich mich gestern zum späten Nachmittag noch fast zu Tode geschwitzt, so ist in der frühen Dunkelheit noch eine kräftige Kühle zu verspüren. Ganz leichter Nieselregen scheint die Vorhersage von Schauern zu bestätigen. Zur Sicherheit packe ich meinen Regenponcho in greifbare Nähe.
Dann geht es in der Morgendämmerung los Richtung Doppelgipfel. Heute gilt es sich noch mal richtig reinzuhängen. Die letzten beiden Gipfel über tausend Metern (1330 und 1337m) gilt es zu meistern.
Villafranca im Morgendämmern
Ein wenig konditionsarm von gestern nutze ich die Möglichkeit einen Teil meines Gepäcks per Taxi zu einer Herberge unterwegs vorausschicken zu lassen. Meinen Rucksack muss wegen der Dinge, welche ich unterwegs brauche trotzdem mit.

Langsam schraube ich mich die heutigen 700 Höhenmeter auf der Landstrasse hinauf. Zum Glück verläuft die Landstrasse recht parallel zu einer Autobahn, sodaß die Strecke zwar lang, die Steigung dafür entspannt ist.
Gegen Mittag komme ich in dann im kleinen Örtchen O Cebreiro auf über 1300 Metern an. Eine Ansammlung wie aus einem Museumsdorf. Schöne runde Steingebäude mit schwarzen Schieferdächern. (Bilder kann ich leider erst später nachreichen, andere Kamera)

Nachdem ich im Örtchen wieder mein restliches Gepäck in Empfang nehme, geht es an den zweiten 13hunderter. Im Vergleich zum ersten nur noch eine kleine Herausforderung. Als dann auch diese gemeistert ist geht es endlich wieder nach unten.
Für diesen Camino verlasse ich die Region von über tausend Meter und rolle langsam immer weiter nach unten. Heute schaffe ich es bis nach Samos, einem kleinen Ort, welcher von einer großen Klosteranlage beherrscht wird.
Während auf der Rückseite die Mönche über ihre Balkone wandeln ist die Vorderseite eine ganz weltliche Herberge. Leider auch sehr offenherzig. Schon von der Herbergstüre stehen die letzten freien Stockbetten. Bzw. von denen direkt auf die Straße.
Da ich heute für das Beziehen einer Herberge schon etwas spät dran bin, entscheide ich mich für ein Hostal. Die etwas bessere Übernachtungsmöglichkeit.

'Langsam quält sich die Strasse zu O Cebreiro hinauf

Mein Derzeitiges technisches Lieblingsgerät
immer irgendwo zu finden - zum Glück!

Dienstag, 26. Juni 2012

Top of the Tops... Tag 56 (26.06.2012)


heute gefahrene Kilometer 68
gesamt mit dem Rad gefahren 3002 km
Gesamtstrecke bisher: ca. 3333 km 
davon gelaufen 331 km



Nach dem gestrigen heissen Tag versuche ich früh mit den Fusspilgern in den Tag zu starten. Ich gebe zu, dass ich heute Morgen etwas Bammel vor der heutigen Strecke habe.
Denn heute gilt es den höchsten Punkt des Caminos zu erklimmen und zu überwinden. Mit fast 1530 Höhenmetern auch eine kleine Herausforderung für Radfahrer, welche kein klappriges altes Mountainbike fahren.
Bei noch kühlen Temperaturen und im Schein meiner Fahrradlampe starte ich Richtung Berg.
Zum Glück geht es recht gut voran. In einer der ersten Bars, viele sind schon ab 6 Uhr wegen der vorbeikommenden Pilger geöffnet, gönne ich mir ein Glas frisch gepressten O-Saft und fülle meine Getränkeflaschen wieder auf.
Dann geht es weiter nach oben. Zum Glück steigt die Temperatur wegen der zunehmenden Höhe nicht so schnell wie die Sonne. Nach dem letzten kleinen Örtchen diesseits des Berges geht es noch ein paar Höhenmeter hinauf. Mit ein bisschen Schieben an den steileren Stellen, so ganz traue ich der Kette meines orangen Esels nicht, sehe ich plötzlich das das Cruz de Ferro, das Eisenkreuz in greifbarer Nähe vor mir.
Nach wenigen Metern bin ich da und erblicke ehrfurchtsvoll ein kleines metallenes Kreuz auf einem großen Holzpfosten. Dieser ist umgeben von einem riesigen Berg Steinen. Viele davon von Pilgern mit Wünschen und Erinnerungen abgelegt.  Leider liegen mittlerweile auch viele andere Dinge dort, sodaß es mehr einer Müllkippe als einem Erinnerungsort gleicht.
Trotzdem lege auch ich dort bescheiden mein Steinchen ab und denke an die Wünsche, welche ich damit verbinde.

Eine Weile betrachte ich noch den Rummel am Kreuz, welcher sich dort einstellt. Besonders, als die eine oder andere spanische Radlergruppe dort aufschlägt. Doch dann reicht es mir und ich mache mich wieder auf den Weg.
Noch eine kleine Steigung und ich habe den höchsten Punkt erreicht.
Ab dann geht es auf einer etwas sehr splittigen Straße 15 Kilometer bergab.
Zum Glück funktioniert meine neue Hinterradbremse ganz gut und die vordere unterstützt.
So gelange ich letztendlich an den Fuß dieser Erhebung bis nach Molinaseca.
Beim Durchqueren erblicke ich zum ersten Mal eine Herberge, welche auch Betten im Freien stehen hat. Zum Glück wollte ich hier nicht Halt machen.

Weiter geht es nach Ponferrada. Auf den ersten Blick eine Stadt, welche nur aus siebenstöckigen Wohnsilos zu bestehen scheint. Als ich jedoch endlich zum Stadtkern komme sieht es schon netter aus. Besonders toll finde ich jedoch die dominiernde und gut restaurierte Burganlage, deren Urfeste bereits die Templer im 12. Jahrhundert dort angelegt haben um Stadt und die durchreisenden Pilger zu beschützen.

Nach so viel Vergangenheit, zieht es mich wieder in die Gegenwart und weiter Richtung Westen.
Ich schaffe es trotz Hitze bis nach Villafranca del Bierzo und habe damit eine gute Ausgangslage für den morgigen zweiten Gipfeltag...
Cruz de Ferro am Horizont

Freiluftherberge in Molinaseca
Kirche im Morgenlicht

Gelb und Lila begleiten mich durch die Berge



Kreuzritterdenkmal in Ponferrada

Manjarin Aussteigerdorf heimlicher Kreuzritternachfolger

Morgendlicher Andrang am Eisenkreuz
Ich war auch da

Montag, 25. Juni 2012

Durch die Hitze des Tages... Tag 55 (25.06.2012)


heute gefahrene Kilometer 89
gesamt mit dem Rad gefahren 2934 km
Gesamtstrecke bisher: ca. 3265 km 
davon gelaufen 331 km 


Noch im Dunkeln, denn je weiter ich Richtung Westen komme geht die Sonne etwas später auf, mache ich mich auf den Weg. 
In Anbetracht der wieder zu erwartenden Nachmittagshitze genieße ich die Morgenkühle.
Wahrend ich so radle und dabei die ersten Fußpilger überhole, muss ich feststellen, wie weit ich eigentlich schon hätte sein müssen. 
Ich sehe bekannte Gesichter.
So wie die quasselnde Holländern, welche mich schon kurz hinter St-Jean plappernd überholt hatte und so oft mit ihrer Stimme in mein Ohr gefallen ist.
Gefreut habe ich mich auf jeden Fall die nette Koreanerin wieder zu sehen, welche mir am zweiten Tag eine ihrer Kniebandagen geliehen hat.

Als ich wieder in die Pedale trete, bleibt jedoch auch dieser Abschnitt meines bisherigen Camino hinter mir.

Ich folge der Landstrasse weiter bis nach Leon, der nächsten größeren Stadt am Camino.
Gleich am Ortseingang finde ich eine weitere originell Bestätigung für meine Fahrradentscheidung.
Ich sehe zum ersten Mal einen spanischen ALDI-Markt. Aus Interesse was dort wohl anderes geben mag als bei Aldi bei mir um die Ecke mache ich dort Halt. Viele Produkte sind natürlich landestypisch. Doch viele tragen nur ein spanischsprachigess Etikett und könnten bei uns auch zu kaufen sein.
Aber am tollsten ist, dass ich dort neben einer passenden Radlerhose auch einen Satz kleiner Fahrradpacktaschen finde.

So kann ich endlich meinen schicken "Gepäckkarton" ersetzen und noch ein paar weitere Sachen dort einpacken, damit der Rucksack noch etwas leichter wird.
Mit frisch gestyltem Rad, denn mit der Grundfarbe würde es niemand vom Spermüll holen geht es nach Leon hinein.
Dort finde ich in einem der Riesensupermärkte noch ein paar weitere wichtige Fahrradkleinteile. Neben einer neuen Hinterradbremse, einer Lampe, einer Klingel auch einen Alibihelm für 12.90 Euro, falls doch mal jemand die Helmpflicht in Spanien nachprüft.

Leon selber hat zwar ebenfalls eine monumental Kathedrale, welche ich aber wegen einer Reinigungspause leider nicht besichtigen kann. Sonst wirkt die Stadt größer als Burgos. Zumindest scheinen die Viertel mit Bars, Restaurants und ähnlichem umfangreicher zu sein.
Um noch ein bisschen Strecke zu machen
verlasse ich die Stadt. Bei einem kurzen Halt wird kurz die Bremse ummontiert und es kann weitergehen.

Entlang einer Schnellstrasse, welche immer in Richtung Westen (Santiago) führt, kämpfe ich mich den Nachmittag durch die knapp 40 Grad heisse Luft.
Selbst LKW liefern nur noch heisseren Fahrtwind anstatt Kühlung.

Gegen sechs Uhr habe ich mich bis nach Santa Catalina de Somoza geschleppt, am Fuß meiner morgigen Herausforderung.


Altes Rathaus in Leon

Auch in Mansilla geht es nicht ohne Storch

Entlang der Schnellstrasse der Radweg und der Pilgerweg

Eiskaltes Fußbad als Erholung für die Füsse

Erschöpfte Pilgerkameraden in Mansille de las Mulas

Immer wieder Störche auf den Kirchen

Wieder tolle Gebäude am Ausgang von Leon

Just 306 Kilometers

Mein Schatten begleitet mich in den Tag

Platzfassade in Leon

Spanische Hobbithöhlen

Storchenversammlung

Sonntag, 24. Juni 2012

Tag der Entscheidung... Tag 54 (24.06.2012)


Heute gelaufene Kilometer 7, 
heute geradelte Kilometer 59,
gesamt gelaufen 331 km 
gesamt geradelt 2845 km
Gesamtstrecke bisher: ca. 3176 km  



Diesen Sonntag Morgen beginne ich entspannt und bin mit einer der letzten, welche die Herberge verlassen. Wieder ein mal mehr humpeln als gehen. Heute jedoch macht es mir ein bisschen weniger aus als die Tage zuvor.
Ich habe den gestrigen Tag und die weite und öde Meseta zum Nachdenken genutzt.
Da sich der Zustand meiner blasengequälten Füße einfach nicht zu bessern scheint, sondern eher die Gefahr besteht, dass es zu gravierenden Entzündungen kommt, musste eine Entscheidung her.
In meinem derzeitigen Tempo, würde ich Santiago erst sehr viel später erreichen und die Chance gar noch Finisterre zu erreichen eher unwahrscheinlich werden.

Ich hatte also die Möglichkeit meine Reise abzubrechen oder zu beschleunigen.
Wie oft auf diesem Camino kommen einem seltsame Winke zur Hilfe.
Da natürlich eine Fortführung derzeit ohne eigenes Zutun nicht in Frage kam, lag das Zurücklegen der restlichen Strecke
mit einem Fahrrad nahe. Doch meines steht über 300 Kilometer entfernt in St-Jean-Pied, auf der anderen Seite der Pyrenäen.
Wo bekomme ich ein gleichwertiges her?

Als ich jedoch am gestrigen Morgen so in Ort komme um die dortige Kirche abzulichten, stosse ich auf eine Pilgern mit einem klaprigen Hollandrad. In diesem Moment verfestigte sich mein Entschluß.
So verbrachte ich bereits gestern die Zeit beim Passieren der kleinen Orte am Wegesrand die Zeit damit die Bewohner nach einem käuflichen gebrauchten Rad zu fragen. Leider immer vergeblich.

Bis ich heute Morgen nach weiterem langen Fragen in Fromista bei einem kleinen Lädchen , wo hauptsächlich Andenken verkauft werden, fündig wurde.
Der Besitzer fuhr extra noch los und brachte mir nach einer quälenden Wartezeit ein älteres Mountainbike.
Es war zwar kein Rad, mit welchem ich sonst liebäugeln würde, doch es sieht wie ein Rad aus und fährt sich auch so.
Schnell wurden wir uns über den Kaufpreis einig. Da es in diesem kleinen Laden auch noch ein paar Zubehörteile gab erwarb ich noch einen Gepäckträger, ein Schloß, ein Flickzeug und ein starkes Gummiband mit Haken.
Der Ladenbesitzer überließ mir noch einen alten Karton in welchen ich schon mal die schwereren Teile meiner Ausrüstung packen konnte. Gepäckträger mit Hilfe von Freund Ledermann angebaut, Karton festgezurrt, Rucksack auf und los ging es.
Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen was das für ein tolles Gefühl war.

Die Kilometer, welche ich vorher mühsam gehumpelt bin fliegen nun so dahin.

Auch wenn bei bis zu 40 Grad in der Sonne eine Kühlung durch den Fahrtwind nicht mehr zu erwarten ist, so reicht alleine schon das Weg schneller gemeistert werden kann.

Die Meseta mit ihren hohen Temperaturen ist nun echt zu spüren. Die heiße Luft ist wie zum Schneiden.
Die absulote Steigerung ist ein Strecke von
ca. 16 Kilometer durch eine Gegend ohne größere Bäume, Wasser oder irgend etwas bewohntem. Fast wie eine kleine Wüste.
Ich bedauere schon die Pilger zu Fuß, welche bestimmt drei schweisstreibene Stunden brauchen, während ich vielleicht bei den knapp 40 Grad mal eine Stunde.

Den Rest der heutigen Strecke schneide ich mich durch die Hitze bis nach Sahagún.
Neue Perspektiven

Anfang der dürren und heißen Strecke

Das nächste Dorf: Wie im Western

Der Camino aus meiner neuen Sicht

Mein neuer Begleiter

Staustufen des Kanal de Castilla



Samstag, 23. Juni 2012

Weiter übern Tisch... Tag 43 (23.06.2012)


Von Hontanas bis Boadilla del Camino
Heute gelaufene Kilometer 26, 

gesamt gelaufen 324 km 
Gesamtstrecke bisher: ca. 3110 km  
davon mit dem Rad 2786 km.





Wie immer ist es frisch, als ich die Herberge verlasse und ich genieße die Kühle auf meiner Haut. Doch sobald die ersten Sonnenstrahlen herauskommen, wird es heute um einiges schneller warm. Und als es dann aus dem Tal, in welchem ich gegen frühen Mittag durch den Ort Castrojerriz komme, wieder hinauf auf die Hochebene geht, wird es doch ganz schnell wieder heiß.
Morgensonne an den Hängen der Meseta
Wiedereinmal ein Aufstieg 

Da haben selbst die Mountainbiker respekt 
Durch das ehemalige Kloster San Anton
San Anton
Wieder durch Weizenfelder
Ich komme in der Hitze durch mehrere kleine Orte und bin froh, dass es wenigstens immer ein oder zwei Brunnen gibt um meine Wasserflaschen zu füllen.
Leider ist es um WC's auf dem Camino ganz ganz schlecht bestellt.

Mit schmerzenden Füßen (einige Blasen haben sich entzündet) gelange ich dann bis nach Boadilla del Camino. Wieder ein netter kleiner Ort mit einer spitzen Herberge. Das bestätigt mir auch Saarländer Heinz, welchen ich hier nach mehreren Tagen wiedertreffe.
Die heutige Herberge ist urig und sehr nett

Bei der Hitze möchten selbst die Blechpilger in den Pool
Die Krönung ist dann das Pilgerabendessen in einem großen Speiseraum mit vielen hungrigen Pilgern.
Da verzeihen mir sogar meine geschundenen Füße für heute mal die Tortur.


Pilgerabend in großer Runde mit Heinz und zwei Österreichern




Sogar Pilgergeschirr gibt es